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Hausärztliche „Chronikerpauschale“ richtig abrechnen

Bei der Versorgung von Patienten/innen mit chronischen Erkrankungen kommt den Hausärzten/innen eine immer größere Bedeutung zu. Da die Behandlung der Patienten oft sehr aufwendig und zeitintensiv ist, können Ärzte die sog. „Chronikerpauschale“ nach GOP 03220/03221 und 04220/04221 als extrabudgetäre Leistung abrechnen. Um hierbei Fehler zu vermeiden und Regressforderungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorzubeugen, sollten Ärzte unbedingt folgende Punkte berücksichtigen:

 

Voraussetzungen der Chronikerpauschale

Für die Abrechnung der Chronikerpauschale müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Vorliegen einer chronischen Erkrankung

Es muss mindestens eine lang andauernde, lebensverändernde Erkrankung bestehen.

2. Hausärztliche Dauerbehandlung der chronischen Erkrankung

Es muss eine kontinuierliche hausärztliche Behandlung im aktuellen und in den drei vorangegangenen Quartalen erfolgt sein.

Es muss sich dabei jeweils um dieselbe gesicherte chronische Erkrankung gehandelt haben.

3. Arzt-Patienten-Kontakt

Pro Quartal muss mindestens ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden haben, davon mindestens zwei persönliche Arzt-Patienten-Kontakte und ein anderer Arzt-Patienten-Kontakt (z.B. online oder per Telefon).

4. Dokumentationspflicht / Feststellungslast

Ärzte/innen müssen die oben genannten Kriterien entsprechend dokumentieren.

 

Sonderfall: Hausarztwechsel

Wenn ein chronisch kranker Patient den Hausarzt wechselt, ist dies für die Abrechnung der Chronikerpauschale grundsätzlich unschädlich. Der neue Hausarzt muss die wegen derselben chronischen Erkrankung beim früheren Hausarzt stattgefundenen Arzt-Patienten-Kontakte aber glaubhaft in der Patientenakte dokumentieren. Auch Name und Anschrift des Vorbehandlers sollten vermerkt werden. Darüber hinaus ist die Chronikerpauschale mit „H“ zu kennzeichnen (z.B. „03220H“), und zwar so lange, bis die notwendigen Vorkontakte in der eigenen Praxis erbracht und abgerechnet sind.

 

Unnötige Fehler vermeiden

Da bei einer fehlerhaften Abrechnung der Chronikerpauschale schnell empfindliche Regresszahlungen drohen, raten wir unseren Mandanten Folgendes:

  • Sorgfalt bei der Diagnoseangabe: Dokumentieren Sie stets identische Diagnosen (ICD-10-Code), und zwar unbedingt mit G-Vermerk.
  • Arzt-Patienten-Kontakt: Achten Sie darauf, dass regelmäßig ein persönlicher Kontakt mit dem Patienten stattfindet. Dieser ist für die Chronikerpauschale zwingend erforderlich. Eine Behandlung per Telefon oder Video ist im Praxisalltag zwar oft einfacher bzw. wird von den Patienten verstärkt nachgefragt. Unter Umständen kann dies aber zum Verlust der Chronikerpauschale führen. Genauso wenig reicht es aus, wenn der Patient in den jeweiligen Quartalen lediglich die zuvor verordneten Medikamente einnimmt, Sie ansonsten jedoch gar nicht in der Praxis aufsucht oder sich nur per Telefon/Video von Ihnen beraten lässt (vgl. zuletzt LSG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 21.12.2022, Az. L 7 KA 49/19, zum medikamentös gut eingestellten Chronikerpatienten).
  • Regelungen zum Hausarztwechsel: Denken Sie daran, dass die besonderen Dokumentationspflichten auch beim Wechsel der Betriebsstättennummer (z.B. bei Gründung einer BAG), Praxisneugründung bzw. Praxisübernahme oder bei einem Wechsel des Patienten von PKV in GKV gelten.
  • Feststellungslast: Das Risiko einer fehlerhaften Dokumentation trägt immer der abrechnende Vertragsarzt. Er muss also in allen Einzelfällen beweisen können, dass die Voraussetzungen der Chronikerpauschale erfüllt sind. Daher reicht es nicht aus, wenn Sie oder Ihr Praxispersonal einen neuen Chronikerpatienten lediglich befragen, welche Vorbehandlungen beim früheren Hausarzt erfolgt sind. Vielmehr fordert die Rechtsprechung von Ihnen, dass Sie konkrete Dokumentationen/Nachweise in der Patientenakte festhalten (vgl. zuletzt LSG Berlin/Brandenburg, Urt. v. 21.12.2022 – L 7 KA 49/19).

Für weitere Fragen rund um das Thema „Abrechnung/Regressforderung“ steht Ihnen unsere Kanzlei gerne mit Rat und Tat zur Seite.

 

von Rechtsanwältin Dr. Yvonne Schuld, LL.M.