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Betriebskostenabrechnung: Mieter darf Zahlungsbelege einsehen

In einer aktuellen Entscheidung hat der für das Wohnraummietrecht zuständige Achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass sich das Recht des Mieters auf Einsicht in die Belege einer Betriebskostenabrechnung auch auf die zugrundeliegenden Zahlungsbelege erstreckt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2020 – VIII ZR 118/19).

Darum ging es:

In dem entschiedenen Fall stritten die Parteien um eine Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2013. Die Klägerin war Eigentümerin einer Wohnung in Berlin, die sie an den Beklagten vermietet hatte. Die – rechtzeitig erstellte – Betriebskostenabrechnung lautete auf einen Nachzahlbetrag von knapp 1.300,- EUR. Daraufhin verlangte der Mieter Einsichtnahme in die Belege, die der Abrechnung zugrunde lagen, und zwar einschließlich der entsprechenden Überweisungsbelege. Die Vermieterin gewährte ihm allerdings nur Einsicht in die Rechnungen; zur Vorlage der verlangten Zahlungsbelege war sie hingegen nicht bereit. Daraufhin verweigerte der Mieter die Begleichung der rückständigen Betriebskosten für 2013. Aus diesem Grund erhob die Vermieterin eine entsprechende Zahlungsklage gegen den Mieter.

So entschied der BGH:

Nachdem die Vermieterin mit ihrer Zahlungsklage zunächst noch weit überwiegend Erfolg hatte, hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil wieder auf und wies die Klage vollständig ab. Hiergegen legte die Vermieterin Revision beim BGH ein, dies jedoch erfolglos: Der BGH verwarf die Revision und bestätigte die Klageabweisung.

Die Begründung des BGH:

Rückständige Betriebskosten werden in der Regel aufgrund einer vom Vermieter jährlich zu erstellenden Abrechnung ermittelt. Diese muss unter anderem so ausgestaltet sein, dass sie für den Mieter nachvollziehbar, mit anderen Worten prüffähig, ist. Dieses formelle Kriterium hätte allerdings wenig Sinn, wenn der Mieter keinen Einblick in diejenigen Rechnungen hätte, die der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegen; denn ohne die Sichtung dieser Belege kann der Mieter nicht kontrollieren, ob die in der Abrechnung zum Ansatz gebrachten Kosten tatsächlich entstanden sind. Aus diesem Grunde hat er nach § 259 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein entsprechendes Recht zur Einsichtnahme gegen den Vermieter. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann der Mieter die Zahlung der offenen Betriebskosten solange verweigern, wie der Vermieter ihm die Belegeinsicht verweigert (zuletzt: BGH, Urteil vom 10. April 2019 – VIII ZR 250/17).

Im vorliegenden Fall entschied der BGH nun, dass sich das Recht des Mieters auf Einsichtnahme in die Belege auch auf die korrespondierenden Zahlungsbelege erstrecke. Nur so könne der Mieter kontrollieren, ob der Vermieter die in die Abrechnung eingestellten Leistungen Dritter auch tatsächlich bezahlt habe. So könnte der Vermieter beispielsweise von Preisnachlässen profitiert haben oder aus anderen Gründen – beispielsweise mangelhafter Drittleistungen – Kürzungen vorgenommen haben. Dies lässt sich allerdings oft nur anhand der konkreten Zahlungsdokumentation (insb. Kontoauszug, Überweisungsbeleg) feststellen.

Dies gelte unabhängig davon, ob der Vermieter nach dem Abflussprinzip oder nach dem  Leistungsprinzip abrechnet oder bei den unterschiedlichen Betriebskostenarten teils die eine, teils die andere Abrechnungsmethode anwendet.

Ausblick:

Vermieter werden im Zuge der Betriebskostenabrechnung ihre Belegsammlung nunmehr um entsprechende Zahlungsbelege ergänzen müssen. Andernfalls können Mieter die Erstattung offener Betriebskosten vorübergehend verweigern. Ausreichend sind Überweisungsbelege; Kontoauszüge sind zwar ebenfalls prinzipiell zulässig, jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen unseres Erachtens nicht immer geeignet – hier kommt es auf den Einzelfall an.

Die Entscheidung des BGH erging zwar für das Wohnraummietrecht; unserer Einschätzung nach ist sie jedoch verallgemeinerungsfähig und deshalb auch auf Gewerberaummietverträge und Pachtverträge anwendbar.

Wenn Sie Fragen zu Ihrer Betriebskostenabrechnung haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

von Dr. Jan Schuld, LL.M.