Gewerbemiete in Coronazeiten – 5 Fragen, 5 Antworten

 

Unser Mietrechtsexperte, Rechtsanwalt Dr. Jan Schuld, gibt Antworten auf fünf aktuelle Fragen zum Thema „Corona und Gewerbemiete“

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1. Müssen Gewerbetreibende Miete zahlen, auch wenn ihr Geschäft aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen wurde?

Ja, die Miete ist die Gegenleistung dafür, dass der Vermieter dem Mieter die entsprechenden Geschäftsräume überlässt und diese im vereinbarten Zustand erhält. Solange der Vermieter diesen Pflichten uneingeschränkt nachkommt, fällt grundsätzlich die volle Miete an. Unerheblich ist, ob der Mieter aufgrund persönlicher Umstände zur Nutzung der Räume nicht in der Lage ist, etwa aufgrund einer Erkrankung oder einer behördlich angeordneten Betriebsschließung. Für Corona-bedingte Geschäftsschließungen gilt zunächst einmal nichts Anderes: Auch hier schuldet der Gewerbetreibende die volle Miete. Er kann aber unter gewissen Umständen vom Vermieter für die Dauer der Beeinträchtigung eine Reduktion der Miete verlangen. Grundlage hierfür ist eine entsprechende Neuregelung in Art. 270 § 7 EGBGB.

2. Was bedeutet die Regelung in Art. 240 § Abs. 7 EGBGB?

Die Regelung besagt, dass Einschränkungen infolge des Lockdowns als sog. „Störung der Geschäftsgrundlage“ eines Gewerberaummietvertrages eingestuft werden können. Entsprechendes gilt für Pachtverträge. Konkret bedeutet das: Wenn ein Gewerbetreibender zum Beispiel seine Ladenräume pandemiebedingt nicht nutzen darf, liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor. Und dies kann dann wiederum zur Anpassung der vereinbarten Miete bzw. Pacht führen. Maßgeblich ist, ob die betreffenden Flächen aufgrund einer staatlichen Maßnahme nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen genutzt werden können. Hierbei gilt ein besonderes Augenmerk den vor Ort jeweils gültigen Regelungen. So dürfen derzeit in Mainz – Stand 12.04.2021 – beispielsweise weite Teile des Einzelhandels lediglich Terminshopping anbieten. Auch Gastronomen warten nach wie vor auf die Öffnung der Außenbereiche. All diese Einschränkungen können als Störung der Geschäftsgrundlage des Miet- oder Pachtvertrages angesehen werden.

3. Was müssen Gewerbetreibende tun, wenn sie weniger Miete zahlen möchten?

Aktiv werden und so schnell wie möglich Verhandlungen mit dem Vermieter aufnehmen. Viele Gewerbetreibende glauben leider immer noch, die Rechtslage sei so, wie bei einem Mietmangel. Wenn der Gewerbetreibende seine Räume etwa aufgrund Schimmelbefalls nur einschränkt nutzen kann, muss er bis auf eine Mängelanzeige beim Vermieter grundsätzlich nichts veranlassen. In diesem Fall ist die Miete ohne weiteres Zutun, quasi automatisch, um einen bestimmten Betrag gemindert. Bei Corona-bedingten Einschränkungen ist das aber anders: Da sie nach aktuellem Mietrecht eben nicht als Mangel, sondern als Störung der Geschäftsgrundlage qualifiziert werden, tritt keine automatische Mietminderung ein. Der Gewerbetreibende muss vielmehr von sich aus auf den Vermieter zugehen und aktiv eine entsprechende Anpassung der Miete verlangen. Und erst wenn sich beide Parteien darüber einig geworden sind, tritt die reduzierte Miete in Kraft.

4. Was sollten Vermieter bei den Verhandlungen beachten?

Vermieter sollten auf eine möglichst exakte Beschreibung der vom Mieter behaupteten Beschränkungen bestehen. Ein pauschaler Verweis auf bestehende staatliche Einschränkungen reicht zum Beispiel noch nicht aus. Denn es kommt immer auf die konkreten Umstände an. Wenn wir in solchen Gesprächen die Vermieterseite vertreten, stellen wir dem Mieter zum Beispiel folgende Fragen: Ist Ihnen eine Nutzung der Räume noch möglich, etwa im Rahmen von Terminshopping, Click-and-Collect, Takeaway oder als Lager? Erhalten Sie staatliche Unterstützungsleistungen? Wie waren Ihre Umsätze im Vergleichszeitraum vor Corona? Klar ist nämlich: Mietabschläge müssen immer verhältnismäßig sein.

5. Was passiert, wenn sich Mieter und Vermieter nicht einigen?

Dann bleibt dem Mieter in der Regel nichts Anderes übrig, als den Vermieter auf eine Reduktion der Miete zu verklagen. Die Gerichte sind verpflichtet, solche Verfahren vorrangig und beschleunigt zu behandeln. Was früher oft Jahre dauern konnte, soll nunmehr also innerhalb weniger Monate erledigt sein. Ob es dazu im konkreten Fall auch tatsächlich kommt, ist jedoch nicht gesagt. Mitentscheidend dürfte sein, ob die Parteien durch erfahrene Anwälte vertreten werden.