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Gewerbemiete & Pacht: Corona-Lockdown als Störung der Geschäftsgrundlage?

Bundesregierung plant gesetzliche Grundlage zugunsten von gewerblichen Mietern und Pächtern – Immobilienbranche zeigt sich kritisch

Ab dem 16.12.2020 gilt erneut bundesweit ein harter Lockdown. Viele Geschäftszweige müssen ihre Läden schließen, betroffen sind weite Bereiche des Einzelhandels und anderer Gewerbe mit engem Kundenkontakt, beispielsweise Restaurants, Cafés, Friseursalons und Fitnessstudios. Die allermeisten nutzen Räume auf der Grundlage eines Mietvertrages oder Pachtvertrages. Hier stellt sich die Frage, ob für den Zeitraum des Lockdowns die Pflicht zur Zahlung von Miete oder Pacht ganz oder teilweise entfällt. Denn: Dem Gewerbetreibenden ist die Nutzung der angemieteten Flächen zum ursprünglich angedachten Zweck behördlich untersagt.

Aktuell: Keine Stundung der Miete

Das für den ersten Lockdown im Frühjahr kurzerhand geschaffene Recht des Mieters auf Stundung seiner Miete galt nur für die Monate April bis Juni 2020. Eine Verlängerung dieser Regelung wird aktuell diskutiert, konkrete Gesetzesvorhaben existieren aber noch nicht. Ohnehin war die Pflicht zur Entrichtung der Miete für diese Monate lediglich aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Entsprechende Mietrückstände müssen bis 30.06.2022 zurückgezahlt werden.

Reduktion der Miete – Gerichte entscheiden unterschiedlich

Eine Verringerung der Miete für die Zeit des Lockdowns ist unter Juristen hoch umstritten und mangels höchstrichterlicher Gerichtsurteile noch nicht klar zu beantworten. So hat die überwiegende Anzahl der erstinstanzlichen Gerichte ein Recht zur Reduktion der Miete abgelehnt, da die staatlich verfügte Schließung kein Mangel der Mietsache sei. Ebenso wenig liege eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, die zur Anpassung der Miete berechtige. Das Nutzungsrisiko trage alleine der Mieter (LG Frankfurt am Main, LG Heidelberg, LG Stuttgart, LG München II, LG Lüneburg). Andere Gerichte entschieden dagegen zugunsten der Mieter und erkannten im Lockdown einen Mangel, der zur automatischen Minderung der Miete führe (LG München München I: 80% Minderung). Wieder andere Gerichte wählten einen Mittelweg, indem sie zwar einen Mangel verneinten, jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellten (LG Mönchengladbach: 50% Reduktion).

Bund will Rechtsklarheit schaffen

Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann es noch Jahre dauern – für Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende ein erheblicher Verlust an Planungssicherheit. Denn: Die Entwicklung der Corona-Pandemie ist aktuell noch völlig offen, eine Verlängerung des Lockdowns über den 10.01.2021 wird bereits öffentlich diskutiert. Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollen Corona-bedingte Nutzungsbeschränkungen nunmehr grundsätzlich als eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage gelten. Darauf haben sich Bund und Länder unlängst verständigt (s. Beschluss v. 13.12.2020), eine Gesetzesvorlage ist bereits in Arbeit. Hintergrund: Nach § 313 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können Parteien voneinander eine Anpassung ihres Vertrages verlangen, wenn die Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss gestört wird. Die Immobilienbranche sieht darin eine unangemessene Verlagerung betrieblicher Risiken auf Eigentümer. Sollte das Gesetz tatsächlich vom Bundestag verabschiedet werden, sind Verhandlungen zwischen Eigentümern und gewerblichen Mietern über eine Reduktion der Miete vorprogrammiert. Für passgenaue Lösungen wird es dabei immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.

 

von Dr. Jan Schuld, LL.M.